Ich war bei Google.de auf der Suche nach Lösungsansätzen, wie man der im Netz herrschenden
Anomie (siehe auch
Admonitiologie) begegnen könne. Da erreichte mich die eMail eines Freundes, der bei mir anfragte, ob ich in einer Woche Zeit hätte als Prozeßbeobachter nach Hamburg rüber zu fahren. Da ginge es um einen abgemahnten 17 jährigen Jungen aus dem Hessischen, der unter Beschuß geraten wäre und demnächst hier in Hamburg vor Gericht stünde.
Zunächst dachte ich an einen Scherz seitens meines Freundes, aber je mehr ich mich im Netz über diesen Fall informierte, je mehr verging mir das Lachen.
Nach Durchsicht der im Internet verfügbaren Informationen sagte ich zu, allerdings unter der Voraussetzung, daß ich im Auftrage des Vereines (Netzrat Hamburg e.V. in Gründung) als Beobachter an dem Gerichtstermin teilnehme.
Der Abmahnung hatte der junge Mann noch mit Hilfe eines Hamburger Anwalts getrotzt. Jetzt kommt es zum Gerichtsverfahren. Ein Gerichtsverfahren, welches mangels finanzieller Mittel des Beklagten in einem Fiasko enden kann; deshalb bittet er jetzt auf seiner Internet-Site um Spenden.
Der zur Zeit anstehende Termin könnte sich - imho - zu einem Musterprozeß ausweiten, der endlich ein wenig Klarheit schafft, was denn nun in Sachen Urheberrechtsverletzung in einem Bagatellfall angemessen ist und was nicht.
Ein wenig Brisanz erhält dieser Fall auch dadurch, daß bei heise.de berichtet wird, daß im Zuge dieses Verfahrens einem der berichtenden Medien ein Maulkorb verpaßt wurde.
Ich zitiere aus
http://www.heise.de/newsticker/meldung/66024
"Die Berichterstattung wurde zudem auf Grund einer einstweiligen Verfügung eingeschränkt."
Eine Linksammlung über den Werdegang des Verfahrens und über die begleitende Berichterstattung, und die Bitte um eine Spende zur Finanzierung der Gerichtskosten findet ihr auf der Seite des beklagten Jungen:
http://www.to-you.de/
Selbst in das "Volks-Lexikon"
Wikipedia ist der Begriff Abmahnwelle inzwischen eingezogen! Der dritte und vierte Satz im zweiten Absatz lautet dort wie folgt:
In vielen Fällen ist der behauptete Verstoß des Empfängers gegen eine Vorschrift nicht gegeben oder geringfügig und hätte durch viel mildere Mittel (z.B. eine freundliche Bemerkung) ausgeräumt werden können.
Die hohen, vom abmahnenden Anwalt geforderten Abmahnkosten haben in diesen Fällen die Wirkung von sog. punitive damages" (Forderung eines vielfachen der Ersetzung eines Schadens als Strafe, auch wenn die betreffende Tat keine Straftat war) auf die Opfer der jeweiligen Abmahnwelle, die dem deutschen Recht sonst völlig unbekannt sind.
Netzgärtner Kurt
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