Aus dem Altenheim - Der „Alte“ (62 J.):
Schlaganfall, halbseitige Lähmung, Schluckstörung (Dysphagie), Gefahr der Aspirationspneumonie.
Es ist Sonntag, 4 Uhr nachmittags.
Die Zimmertür ist geschlossen.
Ich klopfe an und trete ungefragt ein;
auf mein Klopfen hat er noch nie geantwortet.
Der Alte liegt im Bett und schläft.
Der Fernseher ist aus.
Der Alte hustet.
Sein Gesicht verzieht sich vor Schmerzen.
Er faßt sich im Schlaf an den Bauch.
Sein Atem geht etwas rasselnd.
Es ist fast jeden Tag das gleiche Bild.
Der Alte hat es bis heute nicht begriffen,
daß er nicht halb im Liegen essen oder trinken darf.
Die Pflegekräfte haben es auch noch nicht begriffen,
daß sie den Alten in eine senkrechte Position setzen müssen,
bevor sie ihm etwas zum Essen oder Trinken geben.
Irgendwann verschluckt er sich dann . . .
und beim nachfolgenden Husten
schmerzt ihn der Bereich um die Magensonde,
die man ihm immer noch im Bauch belassen hat.
Oder ist es seine Lunge, die ihm weh tut?
Hat er schon so den Anfang einer Aspirationspneumonie?
Warum quält man den armen Kerl so?
Ist es wirklich so schwer,
ihn zu den Mahlzeiten
in den Rollstuhl zu setzen
und an den Tisch zu schieben?
Der Alte wacht von dem schmerzhaften Husten auf,
sieht mich und verzieht sein Gesicht zu einem vorsichtigen Grinsen.
Aha, er freut sich, daß ich da bin.
Ich frage ihn, was er zum Mittag gegessen hat und er sagt: "Pampe!"
Aha, er hat also wieder einmal kein festes Essen bekommen,
sondern pürierte Kost.
Nach nur knapp 5 Minuten werde ich wieder verabschiedet.
Nein, sagen kann mir der Alte das noch immer nicht so richtig.
Auch seine Gesten und das Gebrabbel sind für Fremde
oft noch unverständlich.
Ich soll die Tür zu machen, wenn ich draußen bin, damit er sich wieder
in sein depressives Schneckenhaus zurück ziehen kann . . .
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen